Armes kleines Seelchen

 

Es war ein armes kleines Seelchen

und sah mich oft so eigen an,

wenn es – die Schalen abzuholen –

zu mir in meine Küche kam.

 

Es sprach nicht viel – war so verlegen

in seinem abgetragenen Kleid, –

die großen Augen nur erzählten

von Kinderelend – Kinderleid.

 

Und wenn ich ihm mal etwas schenkte

lag´s wie ein lichter Sonnenstrahl

und wie ein grenzenlos´ Erstaunen

auf dem Gesichtchen blass und schmal.

 

Nun ist es tot – ist heimgegangen

und ich klag mich oft bitter an,

dass ich dem armen kleinen Seelchen

nicht viel, viel mehr zu lieb getan.

 

Lina Sommer