Befreiungsnacht am Rhein

aus: Im Vorübergehn

(hochdeutsch)

 

Hell liegt das Land im Mondenscheine,

die Silberwellen plaudern leise,

und viele Nixlein, feine, kleine,

ergötzen sich auf ihre Weise;

da reckt gewaltig aus den Fluten

den starken Arm der Vater Rhein,

er hält die Hand sich vor die Augen

und schaut so grimmig-heiter drein.

 

Ihn weckte wohl der helle Jubel

aus tausend Kehlen ringsumher,

der Glocken festliches Geläute

von allen Türmen hoch und hehr;

und wie der Glockentöne letzter

ganz sachte-sacht entschwebt, verhallt,

späht er umher weit in die Runde

und ruft, dass weithin es erschallt:

 

deutsch bleibt mein Strom und seine Ufer

so lang ein deutsches Lied erklingt,

solange noch von deutschen Müttern

ein still Gebet zum Himmel dringt;

solange noch in Zucht und Ehren

das deutsche Volk zusammengeht,

solange alle noch für einen,

und einer noch für alle steht.

 

Die flinken Silberwellen trugen

die Worte weit ins Land hinein,

aus tausend Kehlen, wie zum Schwure,

klang stolz und froh „die Wacht am Rhein“.

 

Lina Sommer