Die drei Milchkännchen

aus: Pälzer Humor

in Mundart zu lesen - Originalschreibweise siehe unten

 

(Dieser Text ist in pfälzer Mundart zu lesen, wenn er hochdeutsch gelesen wird,

ergibt sich an vielen Stellen ein schlechtes oder sogar falsches Deutsch)

 

 

An einem schönen Tag bin ich einmal wieder in die Pfalz gekommen und habe meinen Onkel Müller besucht. Wie ich in seine Stube herein komme, springt er von seinem geblüm(el)ten Kanapee auf, schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und kreischt: „Jesses, Jesses, nein, das Linchen. Mama, Mama, komme doch geschwind einmal her, was meinst du, das Linchen ist da.“

 

Die Tante Müller fällt mir um den Hals und sagt: „Meiner Seele, das Linchen ist da; das ist einmal ein Pläsier. Malchen, Malchen, ei wo steckst du denn, Kind, tapfer, tapfer, tummele dich. Denke einmal, so eine Überraschung, das Linchen ist da.“

 

Gleich darauf geht die Türe, das Malchen tänzelt und schwänzelt herein, betrachtet mich von oben bis unten, und von unten bis oben, gibt mir eine Patschhand und konstatiert seelenvergnügt: „wahrhaftig, so etwas, das Linchen ist da.“

 

Wie ich jetzt für ganz gewiss gewusst habe, dass ich „da bin“, petzt der Onkel Müller seine Frau so ein bisschen in die Backen und sagt: „Liebe, gehe, sorge doch gleich für ein gutes Tässchen Kaffee und für ein Stückchen Zimt- oder Zwetschgenkuchen. Und du, Linchen, mache dir es bequem und leger.“

 

Da damit hilft er mir aus meinem Jäckchen herausschlüpfen und führt mich in die gute Stube.

 

Es dauert gar nicht lange, da kommt das Malchen und meldet: „Papa, ei der Kaffee ist fertig, wir sollen nur ruhig anfangen, hat die Mama gesagt, sie zieht sich nur geschwind ihr seidenes Blüschen an, dann kommt sie auch.“

 

Wir setzen uns also an den Kaffeetisch und da stupst mich der Onkel Müller so ein bisschen in die Seite, deutet mit dem Finger und lacht: „Linchen, jetzt gucke einmal her, da stehen drei Milchkännchen auf dem Tisch. Da möchte ich doch wissen, was die drei Milchkännchen da auf dem Tisch zu bedeuten haben. Malchen, kannst du mir nicht sagen, für was die drei Milchkännchen da stehen?“

 

„Nein – so eine neue Mode“ – verwundert sich das Malchen – „da stehen, meiner Seele eins, zwei, drei Milchkännchen auf dem Tisch. Da muss ich doch flink einmal die Mama fragen, ob die vielleicht die drei Milchkännchen auf den Tisch gestellt hat. Mama, Mama, hast du vielleicht die drei Milchkännchen auf den Tisch gestellt?“

 

„Gehe, Malchen, mache keine Possen“, ruft die Tante Müller und guckt in ihrer Battist-Untertaille so ein bisschen zu Tür herein, „wo wird mir denn so etwas einfallen, drei  Milchkännchen auf den Tisch zu stellen. Frage doch einmal die Babette, ob die am Ende die drei Milchkännchen da auf den Tisch gestellt hat.“

 

„Babette, Babette, Himmel-Donner-Keitel noch einmal; Babette, kommen Sie doch herein, wenn ich Ihnen rufe“, kreischt der Onkel Müller. Die Babette schlappt und tappt in die Stube, und der Onkel Müller redet sie an: „Sie, Babette, da stehen drei Milchkännchen auf dem Tisch; jetzt sagen Sie einmal aufrichtig, Babette: haben Sie vielleicht die drei Michkännchen da auf den Tisch gestellt ?“

 

„Ha, das ist aber g’spassig“, meint die Babette, „dass da drei Milchkännchen auf dem Tisch stehen. Das kann ich mir ja gar nicht erklären. Ich habe die drei Milchkännchen da weiß Gott nicht auf den Tisch gestellt, ich habe nur eins herein gebracht.“ „Ja, eins habe ich auch hingestellt“, sagt die Mama, und das Lenchen gibt zu, dass es auch ‚nur eins‘ hingestellt hätte.

 

„Babette“, sagt der Onkel Müller – „Sie können jetzt wieder in Ihnen Ihre Küche hinausgehen, Babette – jetzt geht mir schon ein Licht auf, wieso die drei Milchkännchen da auf den Tisch gekommen sind.“

 

Lina Sommer

 

Originalschreibweise:

folgt