Die Geschichte von der Schöpfung

aus: Hausapothek

in Mundart zu lesen, Originalschreibweise siehe unten


 

(Dieser Text ist in pfälzer Mundart zu lesen, wenn er hochdeutsch gelesen

wird, ergibt sich an vielen Stellen ein schlechtes oder sogar falsches Deutsch)

 


Großmutter fragte ihren kleinen Enkel, was er die Woche über in der Schule gelernt habe. „So allerhand Sachen“, sagte der muntere Bursche. „Drei Mal haben wir die Geschichte von der Schöpfung erzählt gekriegt – willst du sie einmal hören ? Also, passe auf, Großmutter, gucke, das war so: Zuerst war es ganz, ganz dunkel auf der Welt, und es war nichts da als lauter Wasser, und Wasser und wieder Wasser, und der liebe Gott ist alsfort oben darauf herumgeschwommen.

 

Da hat er einmal gedacht, nein, das kann nicht so weiter gehen mit dieser Finsternis, man sieht ja nicht einmal die Hand vor den Augen. Und dann hat er gesagt: „Es werde Licht“, und da war auf einmal heller Tag. Und wie es jetzt hell war, da hat der liebe Gott seinen Arm ausgestreckt und hat gerufen: „Wasser, verteile dich“, und da ist das Wasser fortgelaufen ins Meer, und die Erde ist da gestanden wie so ein harter, fester, brauner Brocken.

 

Da hat er gleich den Mond gemacht und die Sternchen und hat die Sonne scheinen lassen, und wie der Boden ein bisschen trocken war, hat er Gras und Kraut, und Kartoffeln und Welschkorn und Tabak und Dickrüben wachsen lassen und hat Blumen gepflanzt, und allerhand Bäume gesetzt. Tiere hat der liebe Gott auch gemacht, große und kleine, Gäule und Kühe, und Geißen, und Hasen, und Eichhörnchen, und Elefanten, und Löwen und Tiger, die waren aber alle ganz zahm.

 

Und dann hat er auch noch Vögel erschaffen, Adler, und Raben, und Schwalben und Rotkehlchen und Spatzen, und Gänse, und Enten, und Hühner. Ins Meer hat er Walfische hineingetan und Krokodile, und Schellfische, und Hering, und Bückling, und noch allerhand andere Fische.

 

Wie das jetzt alles fertig war, hat der liebe Gott gedacht, es wäre doch gut, wenn auch ein Mensch da wäre, für aufzupassen, dass die Hühner die Eier nicht verlegen, dass die Kartoffeln gehäckelt werden, und die Kühe gemolken, und da hat er einen Klumpen Erde in seine zwei Hände genommen und ein bisschen Wasser dazu und hat das herumgedreht, und alsfort gedrückt, weißt du, so wie die Babette, wenn sie den Teig macht für Dampfnudeln und für Kuchen.

 

Dann hat er zwei Beine gemacht, und zwei Arme, und einen Leib und einen Kopf mit zwei Augen, und einem Mund, und einer Nase und zwei Ohren, und oben darauf hat er Haare gepappt, und wie das Männ(el)chen fertig war, hat er es in die Sonne gelegt für zum Trocknen. Wie es trocken war, hat es der liebe Gott auf den Arm genommen und hat es gestreichelt und hat ihm seinen Atem in die Nasenlöcher und zu den Ohren hinein geblasen, und auf einmal war der Adam lebendig, und hat angefangen zu zappeln und hat sich so gefreut, dass er im Paradies ist.

 

„Gucke, Adam“, hat der liebe Gott gesagt, „jetzt musst du aber auch schön folgen, gelt, und darfst mir keinen Ärger machen. Alle Bäume darfst du schütteln und darfst du davon essen, so viel als wie du willst; die Zwetschgen, die Mirabellen, die Birnen, nur an den großen Apfelbaum dort, wo mitten im Garten steht, da darfst du mir beileibe nicht dran, sonst geht dir es schlecht. Da daran will ich einmal erkennen, ob du gut bist oder böse.“

 

Der Adam hat auf Ehre und Seligkeit versprochen, dass er schön parieren wollte, und hat auch diesen Apfelbaum nicht weiter angeguckt. – Mit der Zeit ist es aber dem Adam ein bisschen arg langweilig geworden, weil er immer so allein war, und wie der liebe Gott gemerkt hat, dass er so geseufzt hat, da hat er sich vorgenommen: „warte, Adam, ich mache dir eine Frau, dass du ein bisschen Unterhaltung hast, und die kann dir auch helfen, dass Unkraut jäten, und kann für dich zu Mittag kochen.“

 

Und wie der Adam unter dem Baum geschlafen hat, hat der liebe Gott geschwind sein Messer genommen und hat dem Adam eine Rippe aus der Seite geschnitten, hat ihn wieder zugenäht, und aus dem Rippchen hat er dann die Eva gemacht. Der Adam hat gedacht, wie er aufgewacht ist, Jesses, was ist denn da passiert, da hat er auf einmal die Frau vor sich stehen sehen. Er ist aufgesprungen und hat gesagt: „wie heißt denn du, und wo kommst du denn her ?“


„Ich heiße Eva“, hat sie gesagt, „und der liebe Gott hat mich extra für dich gemacht, dass du ein bisschen Unterhaltung hast, und dass ich dir helfen soll, und für dich kochen.“ Da war der Adam natürlich arg froh, sie haben sich eingehängt und sind miteinander im Garten spazieren gegangen. Da hat er auf den Apfelbaum gedeutet und hat gesagt: „du, Eva, höre einmal, von allen Bäumen darfst du essen, nur von selbigem Apfelbaum nicht, das hat der liebe Gott extra verboten.

 

Da hat die Eva diesen Baum aus der Nähe betrachten wollen, und wie sie davor gestanden sind, ist wahrhaftig eine große Schlange drin gesessen und hat gesagt, sie sollten sich doch nicht genieren und sollten zugreifen. „Nein“, hat der Adam gewehrt, „das tun wir nicht, das hat der liebe Gott verboten.“ „Kein Wunder“, hat die Schlange gesagt, „er weiß, warum; das sind die allerbesten Äpfel vom ganzen Garten. Eva, du tätest mich doch dauern, wenn du die nicht versuchen tätest.“

 

Die dabbische Eva hat also wahrhaftig einen Apfel abgerupft und hat dem Adam die Hälfte gegeben. Und wie sie den Apfel gegessen gehabt haben, da haben sie sich arg gefürchtet und geschämt, und haben sich geschwind hinter einem Busch versteck(el)t. Zu allem Unglück ist gerade der liebe Gott in den Garten gekommen und hat gerufen: „Adam – Adam“, und wie er weit und breit nichts gesehen hat und keine Antwort gekriegt hat, da hat er sich gleich gedacht: „Jesses, Jesses, die sind mir am Ende an meinen Apfelbaum gegangen.“


Nachher sind der Adam und die Eva hinter dem Busch vorgekommen und haben so arg gezittert, dass der liebe Gott gleich gewusst hat, was los ist. Natürlich war er arg beleidigt und hat gesagt: „Adam, warum hast du mein Gebot übertreten, das hätte ich doch nicht von dir gedacht, dass du mich so hintergehst. So etwas ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht passiert. „Ich bin nicht schuld, ich kann nichts dafür“, hat sich der Adam gewehrt, „die Eva ist schuld, die hat den Apfel abgerupft, ich habe sie davor gewarnt.“

 

„Ich kann auch nichts dafür“, hat die Eva geweint, „an dem ganzen Schlamassel ist kein Mensch schuld als wie gerade die falsche Schlange, die hat mich überredet. „Ihr seid mir eine schöne Gesellschaft“, hat der liebe Gott gesagt, und hat sie angeguckt, dass sie ganz rot geworden sind. „Hinaus mit euch, ich kann euch nicht mehr vor meinen Augen sehen, ihr Wortbrecher, ihr Apfelstehler.“

 

Nachher hat er sich einen Stecken von einem Haselbusch abgeschnitten und hat den Adam und die Eva vor sich her getrieben, durch den ganzen Garten durch bis hinunter an die Tür. Dann hat er die Tür sperrangelweit aufgemacht, hat ihnen einen festen Stumper gegeben und hat gesagt: „Ihr kommt mir euer Lebtag nicht mehr in mein Paradies.“ Zu aller Vorsicht hat er noch einen Engel mit einem feurigen Säbel als Wächter aufgestellt, dass er ja gut aufpasst, dass keines von diesen zweien wieder über die Mauer herüber krabbelt.

 

Jawohl, Großmutter, so war es, du brauchst gar nicht zu lachen.

 

Lina Sommer


Originalschreibweise folgt