Ein Rückblick
aus: Für Dich! - Reim und Prosa
(hochdeutsch)
Sonderbar, so oft höre ich von Anderen erzählen, was ihnen das Leben alles an Mühe und Last, an Sorgen, Entbehrungen und Enttäuschungen gebracht hat, und so selten, so herzlich, erzählt jemand von dem Schönen, das er erleben durfte. Es kommt mir oft vor, wie wenn sich Jeder als der Schwergeprüfteste, Beladenste, Bedauernswerteste hinstellen wollte.
Ist es Wichtigmacherei, ist es Undankbarkeit oder eine gewisse Koketterie, ich weiß es nicht. Ich weiß nur so viel, dass wir alle – namentlich wir älteren Leute – neben all dem Schweren, das uns betroffen hat und betrifft, auch von vielen Freuden, von Manchem, was uns das Leben lieb und reich und schön macht, zu erzählen haben, wenn wir nicht blind und taub dafür sind.
Würden wir alle Freude, die uns blüht, so intensiv in uns aufnehmen wie das Ungemach, wie viel froher und dankbarer wären wir! Das Vertiefen in die Natur, die Liebe zu ihr, bietet schon eine Quelle reiner Freuden. Die Ehrfurcht sollten wir wieder haben vor dem Schöpfer und Erhalter aller Dinge.
Der über Land und Meere die Hand des Segens hält, das Staunen über all die Schönheiten und Wunder, die uns umgeben, über den gestirnten Himmel über uns, nicht alles als selbstverständlich und gegeben annehmen.
Es fällt mir gerade der Gesangbuchvers ein:
„wenn ich, oh Schöpfer, deine Macht, die Weisheit deiner Wege, die Liebe, die für alle wacht, anbetend überlege, so weiß ich von Bewunderung voll, nicht wie ich dich erheben soll“.
Im Versenken in die Natur, in die ewig unerforschten Geheimnisse der Schöpfung, im Staunen und in der Freude über den Gleichklang und die Ordnung im Weltall sollten wir ein Gegengewicht finden und Trost in allen Nöten des Leibes und der Seele.
Und noch etwas, das uns das Leben so reich und lebenswert macht, das Singen und das Danken und nicht zuletzt die Freundschaft mit guten, edlen Menschen. Ich begehe heute meinen 62. Geburtstag, also schon nah am Ziel, und wenn ich so zurückblicke und zurückblättere, da kann ich gar nicht anders als dankbar und in stillem Jubel die Hände falten – es war doch schön.
Wie trostlos-dunkel, wie voller Mühsal war mein Weg, als der Vater uns so früh verließ, und ich mit unseren drei Buben von vier, neun und vierzehn Jahren, die von der Mutter noch alles, aber auch alles erwarteten, allein stand, und wie licht und hell ist es geworden, wie viel Liebes und Schönes ist mir sozusagen zugeflogen, allerdings nicht an materiellen Gütern, aber an herzenswarmen Grüßen, an aufrichtiger Freundschaft, an tiefem, inneren Verstehen aus meiner engeren Heimat, und aus der weiten, weiten Welt.
Sie alle, speziell meine lieben Landsleute, auch die lieben Weinheimer, sowohl die schon heimgegangenen, als auch sie, die noch im Leben stehen, grüße ich heute mit dem Gruß der Zeitlosigkeit.
Und weil ich vorhin von Freundschaften sprach, will ich erzählen von drei lieben, schlichten Menschen, die, unter anderen, auf mich zukamen und mir zur Bereicherung meines Lebens wurden. Dass es Hochgestellte und Künstler waren, tut nichts zur Sache, sie kamen meinem Herzen nahe als Menschen, als Geschöpfe Gottes, und jedes trug sein Teilchen Erdenlast.
Alle drei sind heimgegangen: es sind Carmen Sylva, Königin von Rumänien, dann der Maler Professor Franz Simm in München und der unter dem Namen der Waldpfarrer bekannte lyrische Dichter Karl Ernst Knodt in Bensheim.
Als im Jahre 1911 die „Fliegenden Blätter“ in München – ich war damals ständige Mitarbeiterin – unter anderem mein von Professor Simm in München illustriertes Gedicht „S‘ Reconterche“ brachten, teilten mir Braun und Schneider mit, dass die Königin von Rumänien sich nach der genauen Adresse der Verfasserin erkundigt habe, und dass sie ihr diese mitgeteilt hätten.
Kurze Zeit darauf kam aus dem Schloss von Bukarest ein schönes großes Bild mit lieben Worten. Ich bedankte mich gleich auf meine Art, nichts von Königliche Hoheit oder Majestät, einfach: liebe Frau Königin, dachte nicht, dass ich auf den schuldigen Dank je eine Antwort bekommen würde, und war daher sehr erstaunt, als ich nach eine Woche einen acht Seiten langen Brief erhielt.
Es entwickelte sich dann eine lebhafte Korrespondenz, die bis zum Tode Carmen Sylva‘s dauerte, und ich möchte wohl wissen, was ich alles herausgesprudelt und von Herzen in die Feder geplaudert habe, dass sie mir schreiben konnte:
„Wenn Sie wüssten, welche Herzenswohltat mir Ihre Briefe sind“, – „Bitte recht bald wieder schreiben“ – „Sie sind der einzige Mensch, an den ich schreiben kann, ohne steif zu werden“ usw.
So lebhaft freute sich die Frau Königin auf ein gemeinsames Zusammenleben für einige Wochen „nach dem Krieg“, auf ihrem Schloss Segenhaus bei Neuwied. Sie war eine geborene Prinzessin zu Wied, aus dem alten Fürstenhaus, von dem Ernst Moritz Arndt schrieb:
Von hohen Bergen fließet
das Flüsschen Wied zum Rhein,
an dessen Ufern sprießet
ein Fürstenhaus so fein.
Aus altem Heldenstamme
mit Schlechtem nie im Kauf,
drum schlägt auch edle Flamme
aus Stamm und Wurzeln auf.
„Wie schön wird es sein, wenn meine Nichten uns meine Lieder singen“, schrieb sie einmal, und daran wurde ich später so sehr erinnert, denn als ich nach dem Tode Carmen Sylva’s eine Woche bei den Prinzessinnen zu Wied zu Besuch war und sie mir zufällig diese Lieder sangen, sagte die eine der beiden Schwestern: „oh, wenn Tante Elisabeth jetzt dabei wäre“, worauf die jüngere Prinzessin erwiderte: „wer weiß, vielleicht ist sie dabei!“
Wie die treudeutsche Frau im Rumänenland unter dem Krieg litt, weiß vielleicht niemand besser als ich, denn alles, was sie dort nicht offenbaren durfte, schrieb sie mir in ihrer impulsiven Art. Und wie fest sie von unserem endgültigen Sieg überzeugt war, beweisen ihre Worte: Lieb Vaterland, bleib im Sieg demütig und bescheiden – nur so werden die Feinde überwunden; denn sie sollen Freunde werden.
Eine ganz besondere Freude war der Frau Königin unser Pfälzer Dialekt, die Worte aus dem Reconterche: „S‘ Lewe hot’s halt nit gewollt“, wendete sie bei jeder passenden Gelegenheit an. Sie hatte auch einen tiefen Blick, eine große Vorliebe für den Humor, für den Humor, der mit dem einen Auge lacht und mit dem anderen weint.
Alle, die sie lieb hatten und verehrten, und das sind ihrer nicht Wenige, dankten Gott, dass die edle Frau sterben durfte ohne den Schmerz erleben zu müssen, dass die Rumänen sich zu unseren Feinden schlugen. Bezeichnend für ihr ganzes Wesen ist der Ausspruch Carmen Sylva’s:
Es gibt nur ein Glück: die Pflicht,
nur einen Trost: die Arbeit,
nur einen Genuss: das Schöne.
Eng verknüpft mit dem Briefwechsel mit Königin Elisabeth war meine Freundschaft mit Professor Simm.
Als nämlich in den „Fliegenden Blättern“ mein Gedicht „S Reconterche“ mit dem entzückenden Bild dieses Künstlers, der schon oft so manch feine Illustration zu meinen Gedichten geschaffen hatte, erschien, hatte ich meine helle Freude und „war so frei“, ihn dies wissen zu lassen. Er antwortete mir, dass eigentlich er zu danken habe, denn ohne dieses Gedicht wäre die Illustration wohl nie entstanden.
Aus den Zeilen sprach so viel von schwerem Ringen, von tiefen Sorgen und Kummer, dass sofort mein Interesse und Mitleid rege war, und so flog gar mancher Brief vom freien Menschen zum freien Menschen aus meiner Einsamkeit in seine einsame Künstlerklause. Er hatte jahrelang für seine große Familie über die Kraft arbeiten müssen, und als dann seine Frau krank wurde und in eine Anstalt gebracht werden musste, wo sie auch starb, da brach er schier zusammen.
So wussten wir beide ein Liedlein zu singen von materiellen Sorgen und von Herzeleid, und im Aussprechen mit einer teilnehmenden, verstehenden Seele holte sich jedes Kraft und Mut. Es war immer eine Freude, wenn er wieder etwas von meinen Arbeiten zum Zeichnen bekam; kein Mensch verstand es besser, auf meinen Gedanken illustrierend einzugehen, als er, dieser feinsinnige, liebe Mensch und Künstler. Viel Schönes war noch geplant, eine Sommer-Simm-Mappe wollten Braun u. Schneider herausgeben, als die alten Herren noch lebten.
Während des Krieges war auch Professor Simm in großer Sorge um seine beiden Söhne, das waren erst rechte Anknüpfungspunkte für ihn und für mich. Gesehen haben wir uns nie, das wollte ich für „nach dem Krieg“ zum Friedensfest aufheben. Königin Elisabeth hatte ihn auch eingeladen, und da hatten wir es uns so schön ausgedacht, dass wir kommen wollten als „alter großer Junggesell“ und als „alt Jüngferche“, wie auf dem Reconterche-Bild.
Einen Sonntag schrieb er mir, den anderen ich ihm, so hielten wir es. Da war ich einmal verreist, auf acht Tage in Neustadt, aber ich konnte dort keine Ruhe finden, „ich fühle, es betrifft mich etwas Schweres“, sagte ich zu meinen Bekannten. Und als ich dann heimfuhr und im Zug saß, da musste ich still vor mich hin weinen, es war mir so weh zu Mut und es klang mir im Ohr wie Grabgeläute, ich konnte und konnte es nicht loswerden.
Zu Hause fand ich den fälligen Brief meines Freundes nicht, da aber so viel liegen gebliebene Arbeit vorlag, waren meine Gedanken dadurch vollauf in Anspruch genommen. Einige Tage später kam ein schwarzgeränderter Brief vom Professor Simm’s ältester Tochter, ich kannte ihre Handschrift, sie hatte mir schon oft einen Gruß beigefügt. Hastig riss ich ihn auf, es war die Todesanzeige ihres Vaters, er war zur selben Stunde auf dem Friedhof in München begraben worden, als mir das Glockengeläute so durch die Seele schnitt.
Wie schön ist es, wie fein, dass wir Menschen uns etwas sein können, auch ohne uns persönlich zu kennen. Und doch, als ich später in der Simm-Ausstellung in München war, vor den herrlichen Schöpfungen und einzig-schönen Gemälden dieses gottbegnadeten Künstlers stand, von denen man nicht glaubt, dass sie in all ihrem Duft von Menschenhand geschaffen, eher, dass sie „direkt vom Himmel heruntergefallen“ sind, da tat es mir doch bitter leid, dass wir uns nicht in die Augen gesehen, uns nie die Hand gedrückt haben.
Und nun will ich noch erzählen von einem andern lieben, heimgegangenen Freund, der mir auch nahe stand, doch nicht so nah, schon aus dem Grund, weil er nichts wusste vom Kampf ums Dasein, weil ihm das Leben immer „gelacht“ hat, es ist der Waldpfarrer und Dichter Karl Ernst Knodt in Bensheim. So oft hatte er mich einladen lassen, ihn zu besuchen, als ich noch in Weinheim wohnte – es war ja nicht weit – da er wegen eines Herzleidens nicht gut reisen konnte, und so machte ich mich eines Tages auf, seinen Wunsch zu erfüllen.
Sein „Kläuschen“, wie er immer sagte, lag ganz am Ende von dem idyllischen Bensheim auf einer Anhöhe in einem großen Garten. Kam man die Stufen hinauf, so stand man nicht vor einer verschlossenen Haustüre, sondern in einem kleinen, entzückenden Vorzimmer, das mit Kupferstichen, Blumen und bequemen Sesseln ausgestattet war. Das machte solch gastlichen, netten Eindruck.
Als ich mich ein Weilchen ausgeruht hatte, und dann mit dem Klopfer an die eichene Türe schlug, kam er heraus, der Waldpfarrer – und im ersten Moment erschrak ich – hatte ich mir doch, ich weiß selber nicht, warum, eine große, schlanke, dunkeläugige Gestalt vorgestellt, und vor mir stand ein sehr kleiner, sehr breiter, untersetzter Herr mit schneeweißem Haar, blauen Augen und wallendem, schneeweißen Bart, ein Kopf wie ein Patriarch.
Sofort streckte er mir beide Hände entgegen und sagte: „sollte das nicht die Lina Sommer sein? – Herein, und herzlich willkommen, liebe Sommerfrau!“ Dann führte er mich an der Hand zur Frau Käthe, die gerade den Tisch deckte für allenfallsige Kaffeegäste, und zeigte mir sein reizendes Häuschen; so ein stiller, molliger Dichterwinkel, abseits vom Wege. Es kam sonst niemand zu Besuch, und so hatten wir gleich ein gemütliches Plauderstündchen zu Dreien, und es war jedem, wie wenn wir uns schon lange, lange gekannt hätten.
Ich musste ihn immer wieder betrachten – genau so hatte ich mir als Kind den lieben Herrgott vorgestellt – das freundliche, strahlende Gesicht, die tiefblauen gütigen Augen, der weiße, wallende Bart – er war eine Erscheinung, die man nie vergisst. Und lachen konnte er, lachen wie ein Kind, und er war ein Lebenskünstler, wie mir vorher und nachher keiner begegnet ist.
Mit welcher Andacht und Wonne und Dankbarkeit aß und trank er – es war eine Freude, ihm zuzusehen. Dabei hatte er wundervolle, schön gepflegte Hände, die er so gern zeigte, und eine Stimme, so sonor und angenehm wie Orgelton und Glockenklang. Ich glaube, er hätte den größten Blödsinn sprechen oder vorlesen dürfen, nur seiner Stimme zulieb hätte man andächtig gelauscht. Er war selbst, wie er von einem seiner Freunde schrieb:
Nach außen ein Mann,
im Gemüt ein Kind –
eng im Gewissen,
weit gesinnt.
Auf den ersten Besuch folgten noch viele, wie oft waren wir draußen im Kläuschen. "Morgen bin ich voraussichtlich mit Frau Käthe allein, also kommen Sie, liebe Sommerfrau, mit Ihren Buben, dass wir recht viel aneinander haben", schrieb er öfter. Und dann las er uns vor, wir tranken Tee zusammen und schnabulierten, was Frau Käthe uns alles an guten Sachen auf den Tisch gestellt hatte, und war es Zeit zur Bahn, dann setzte er seinen großen Schlapphut auf und begleitete uns.
Wir kamen immer reich und glücklich nach Hause, sein Frohmut ging wohltuend auf alle in seiner Nähe über. Er lebte in ständiger Abgeklärtheit und Harmonie – vertrauend wie ein Kind, – betrachtete den Tod nicht als Vernichter und Feind, sondern als Freund, als Erlöser und Befreier. In seinen märchenhaft zarten Gedichten, die meist vertont sind, hat er der Menschheit die verpönte Lyrik wieder lieb und wert gemacht.
Auch die Musik wurde im Hause gepflegt. Vater Knodt und Mutter Käthe waren musikalisch, der eine Sohn war als Kapellmeister in Darmstadt tätig. Welchen Genuss haben wir im Kläuschen gehabt, wenn die Darmstädter Künstler und Fritz Könnecke vom Reinhardt-Ensemble dort zu Gast waren. Herz und Tür standen für Gleichgesinnte immer offen, ich fragte mich oft, wie bringt Frau Käthe – der stille, gute Geist des Hauses – es fertig, für jedermanns Behaglichkeit zu sorgen.
So gemütstief, so fromm und bejahend und so urdeutsch wie er selber, sind auch die Gedichte des Waldpfarrers. Er hat, in stiller, heller Freude an seiner
Arbeit viel Schönes, Wertvolles geschafft und geschaffen, so oft man kam, las er Neues vor. Da war alles Melodie, die Worte und die Stimme. Seine am meisten verbreiteten Bücher sind: „Ein Ton vom Tod und ein Lied vom Leben“, „Lösungen und Erlösungen“, „Lichtlein sind wir“, „Vom Bruder Tod“ und „Aus meiner Waldecke“.
Welch Fülle von Poesie, von würziger, reiner Luft weht durch sie! Ich möchte nur einige kleine Sachen aufschreiben, d. h. nur die ersten Verse:
Auf den Hügeln meiner Heimat
liegt so eine linde Liebe,
als ob hier Erfüllung wäre,
und nichts mehr zu wünschen bliebe.
Und das kernige Bekenntnis:
Gott nennen, heißt: ihm ferner treten;
im Schweigen nur ist Gott dir nah,
doch redest du vom ihm in Worten,
gar tönenden, ist Gott nicht da!
Dann das feine Gedicht: „Leise-leicht“
Der Schlaf ist heilig! Wecke du kein Herz,
das sich im Schlafe heilt, auch keins, das träumt.
Du weckst damit nur neu den alten Schmerz;
und gar der Seele, die im Traumland schwebt,
gönn ihr die kurze, heilende Ruh!
Der Schlaf ist heilig, Gnade ist der Traum,
deck alle Schlafenden noch tiefer zu
und jeder Tritt sei leise-leicht – wie Flaum.
Als wir ihn an seinem 60. Geburtstag, an dem eine ganze Wallfahrt zum Kläuschen stattfand, besuchten, gab mir Freund Knodt eines seiner Bücher und schrieb hinein: „Leis schloss sich hinter mir das laute Leben, wie eine stille Türe zu“. Lieber Mann Gottes, sagte ich zu ihm, wer so aussieht und so fröhlich ist wie Sie, der braucht noch lange nicht an Türzumachen und Abschied zu denken. „Wollens hoffen, wollens hoffen, liebe Sommerfrau“, meinte er, er hat ja so gern gelebt!
Lange sollte er sich der schönen Erde und seines geliebten Waldes nicht mehr freuen. – Als großer Freund und Wohltäter der Verwundeten im Bensheimer Lazarett hatte er für diese ein Paket zurechtgemacht und auf
seinen Gartentisch gelegt. Als er es holen wollte, war es gestohlen, und darüber regte er sich so auf, dass er einen schweren Herzkrampf bekam, der seinen Tod herbeiführte.
„Leis schloss sich hinter mir das laute Leben wie eine stille Türe zu“.
Wie ich schon sagte, reine, tiefe, ungetrübte Freundschaft, inneres Miterleben dünkt mich eine der schönsten Gaben, die uns in unserem Erdenlauf beschert werden kann, und ich wundre mich manchmal, dass Menschen, die sich innerlich nahe stehen, nicht öfter aufeinander zugehen.
Oberflächliche Freundschaften, die uns innerlich nicht bereichern, sollten wir nicht pflegen, sie sind Zeitverlust und Zeitverschwendung, und – unser Leben ist so kurz!
Dass ich gerade von diesen drei lieben Heimgegangenen erzählte, hat seinen Grund wohl darin, weil gerade heute, als ich so zurückblickte, ihre Bilder so laut zu mir sprachen. Ihr Andenken, und auch das mancher Anderer, die mir in Freundschaft nahe standen und von denen ich vielleicht später erzähle, bewahre ich in stillem, dankbarem Herzen.
Der Mensch hat nichts so eigen,
so wohl steht ihm nichts an,
als dass er Treu erzeigen
und Freundschaft halten kann -
sagt ein altes Sprüchlein.
Lina Sommer