Abend an dem See

 

Lass unser Schifflein ruhig gleiten,

leg deine Hand in meine Hand,

wie in der Jugend fernen Zeiten,

da sich das Herz zum Herzen fand.

 

Rings tiefer, heiliger Abendfriede,

kein Laut, kein Ton, so nah wie fern,

vom Firmamente droben grüßen

in stiller Größe Stern an Stern.

 

Es bricht des Mondes Silberschimmer

durch schwarzer Tannen schwer Geäst,

die Lichter rings im Dorf verlöschen,

ein müder Vogel fliegt zum Nest.

 

Die bleichen Wasserrosen schlafen,

es ruht der Wald, es träumt der See,

ich fühle in der tiefsten Seele

des lieben Herrgotts liebe Näh.

 

Lina Sommer