Betrachtung
aus: Unser Pälzer Ländche
(in Mundart zu lesen - Originalschreibweise siehe unten)
Wie hat beim Weihnachtskerzen-Schimmer
in lauter Glanz und lauter Pracht
den alten und den jungen Leutchen
er hell und warm in´s Herz gelacht.
Wie hat beim Klang der Weihnachtslieder
so fröhlich man ihm zugenickt,
und unter Lachen, unter Jubel
glückselig zu ihm aufgeguckt.
Jetzt ist er welk, die Nadeln fallen,
die Farbe verblasst, der Staat ist fort,
und ganz verlassen und vergessen
so steht er in selbigem Winkel dort.
Die Köchin holt ihn, die robuste,
und, es währt auch nur eine kurze Weile,
dann geht es hicke, hacke, hicke,
im Keller drunten mit dem Beil.
Der arme Baum, der seufzt im Stillen
und manch ein harzig Tränchen fließt,
ach Gott, wie wird er jetzt behandelt,
und war doch erst so froh begrüßt.
Dann wird er in den Ofen geschoben,
ein Streichholz darunter angebrannt,
eine helle Flamme, und knister – knister –
da ist die Herrlichkeit zu Ende.
Beim Schicksal von dem Weihnachtsbäumchen
da stelle ich die Betrachtung an:
wie rasch ist auch der Mensch vergessen,
wenn er seine Schuldigkeit getan ?
Lina Sommer
Originalschreibweise:
folgt