Das Klavier

aus: Im Vorübergehn

(hochdeutsch)

 

Auf einem Wagen vor der Tür

sah ich verladen ein Klavier;

ein neues war es nicht, nein, nein,

es schien schon sehr benützt zu sein;

die Packer gaben tüchtig Acht

und waren sehr darauf bedacht,

dass keinen Schaden nahm am Ende

das altersschwache Instrument.

 

Und wie sie eben fertig sind

tritt aus der Haustür leise und lind

ein altes Dämchen. Sorglich gut,

wie es nur eine Mutter tut,

legt es eine Decke auf das Klavier,

sie war gerade keine Zier,

und opfert es voller Herzeleid

der schweren, schweren Not der Zeit.

 

Hätte gern des Altchens Hand gedrückt

und warm ihm in das Auge geblickt,

doch husch, husch, husch verschwand es im Haus,

es weint sich wohl im stillen aus.

 

Lina Sommer