Herr von Moppel

aus: Ri-ra, rutsche-butsch

(hochdeutsch)

 

Es war einmal ein kleiner Mops, der war ebenso dick und kugelrund, wie vorlaut und naseweis. Er kam sich ungeheuer wichtig vor, dachte, ohne ihn und seine Weisheit könne die Welt gar nicht existieren, und mischte sich in alles hinein, was ihn eigentlich gar nichts anging. Auf der Straße spielte er die Vorsehung, gab stets Ratschläge, wo er gar nicht gefragt war, und wollte immer alles besser wissen, kurzum, es konnte ihn niemand recht leiden, denn er war der richtige Herr Naseweis. Bei jedem Straßenauflauf war der Herr von Moppel vorne dran, und gab durch Bellen seine Ansicht und Meinung kund. Wurde er auf der einen Seite weggejagt, so genierte ihn das durchaus nicht; er schlug sich dann auf die andere und setzte seine Predigt fort. Schien ihm der Mond zu hell, so hielt er ihm eine große Standrede, und knurrte ihn nach allen Richtungen an, und da der gute Mond nicht mehr auf den Zornickel achtete, sondern ruhig seine Straße weiter zog, bildete sich unser dicker Moppel ein, einen gewaltigen Eindruck mit seinem Vortrag gemacht zu haben.

 

Eines Tages, als Herr Naseweis eben wieder dabei war, nach dem Rechten zu sehen, watschelte eine Schar niedlicher, junger Gänschen die Dorfstraße entlang, gerade auf einen Teich zu, in dem sie ihre ersten Schwimmversuche machen wollten. Unser Moppel das sehen, und gleich herbeirennen war eins. „Wau, wau, wau, wau, wau – nein, der Unverstand; hab‘ ich mein Lebtag schon so etwas gesehen? Wollt ihr mal gleich zurück, soll ich vielleicht zusehen, wie ihr ertrinkt?“

 

Die Gänschen blieben erschrocken stehen, und und als im nächsten Augenblick Mutter Gans um die Ecke kam. sprang Herr von Moppel voll Wichtigkeit auf sie zu: „Wau, wau, wau, wau, wau, Frau Gans,“ knurrte er, „da habe ich eben ein großes Unglück verhütet, wäre ich nicht dazugekommen, so wären Ihre Kinder jämmerlich ertrunken; die dummen kleinen Dinger wollten da, so mir nichts, dir nichts, ins Wasser hinein!“

 

Frau Gans aber verstand keinen Spaß, sie war in ihren heiligsten Gefühlen gekränkt. Was hörte sie da? Ihre Kinder und dumme Dinger! Nein, das ließ sie sich doch nicht gefallen, – das hatte ihr noch niemand gesagt. Voll Zorn reckte sie ihren langen Hals und zwickte den übereifrigen Moppel gehörig in die Beine. Dieser nahm schleunigst Reißaus und brummte verächtlich: „Statt Dank auch noch Undank von dieser Gesellschaft, – meinetwegen sollen sie machen, was sie wollen.“

 

Durch den Lärm waren sämtliche Hunde und das ganze liebe Federvieh herbeigeeilt, und als sie nun sahen, wie der Herr von Moppel diesmal mit seiner Weisheit abgeblitzt war, lachten sie aus vollem Hals; auch die jungen Gänschen, die vergnügt im Wasser auf- und abschwammen, stimmten fröhlich ein.

 

Lina Sommer